Alpha Progression
Gleichzeitig Muskeln aufbauen und Fett verlieren

Gleichzeitig Muskeln aufbauen und Fett verlieren

Gleichzeitig Muskeln aufbauen und Fett verlieren. Geht das? Falls ja, wie soll das funktionieren, wenn man für Muskelaufbau einen Kalorienüberschuss und Fettverlust ein Kaloriendefizit braucht? Das widerspricht sich doch eigentlich mit "gleichzeitig", oder?

Podcast Episode zum Thema

Definition "Gleichzeitig"

Fangen wir mal ganz von vorne an: Mit "gleichzeitig" ist gemeint, auf Erhaltungskalorien zu sein und Muskeln aufzubauen und Fett zu verlieren.

Ob das möglich ist, dazu kommen wir gleich, indem wir auf die dahinterliegende Theorie und natürlich auch auf die Praxis eingehen. Zuerst aber mal eine kleine Verständnissache bzgl. dieser "Erhaltungskalorien".

Erhaltungskalorien

Die meisten denken, dass wenn unser Körpergewicht im Wochen- oder Monatsschnitt konstant geblieben ist, wir auf Erhaltungskalorien waren. Das ist so aber nicht ganz korrekt, da Erhaltungskalorien nur bedeutet, dass du so viele kcal über die Nahrung zuführst, wie du auch verbrauchst.

Das heißt aber nicht, dass dein Körpergewicht konstant bleiben muss. Und selbst wenn es konstant bleibt, heißt das nicht, dass du auf Erhaltungskalorien bist.

Klar, das Körpergewicht kann durch temporäre Wasserschwankungen fluktuieren. Darüber reden wir jetzt aber nicht. Diese Schwankungen gleichen sich über mehrere Wochen oder Monate sowieso aus. Wir reden über eine Veränderung des Körpergewichts durch ein sich veränderndes Verhältnis von Muskel- zu Fettmasse.

Erhaltungskalorien bedeutet nicht, dass dein Körpergewicht konstant bleiben muss - lediglich, dass Kalorienzufuhr = Kalorienverbrauch ist.

Gleichzeitig Muskeln verlieren und Fett aufbauen

Beispiel

Zur Veranschaulichung mal ein Beispiel: Stell dir vor, du hast einen Kühlschrank, der mitsamt Inhalt 100 kg wiegt. Jetzt nimmst du 1 kg fettfreies Steak heraus und legst dafür 1 kg Butter hinein.

Der Kühlschrank wiegt danach weiterhin 100 kg, aber die gespeicherte Energie im Kühlschrank ist eine völlig andere. Die Butter, die aus Fett besteht, hat viel mehr Energie als das Steak, das vorwiegend aus Protein besteht.

Dadurch, dass du die Butter hineingelegt und das Steak herausgenommen hast, hast du den Energiespeicher des Kühlschranks beträchtlich erhöht, obwohl das Gewicht gleich geblieben ist.

Jetzt stell dir vor, dein Körper ist dieser energiespeichernde Kühlschrank. 1 kg Körperfett hat ca. 7.700 kcal und 1 kg Muskelmasse hat ca. 1.800 kcal. Wir nehmen jetzt mal an, dass du dir eine schlimme Grippe eingefangen hast und 3 Wochen lang fast den ganzen Tag im Bett liegen musst.

In dieser Zeit wirst du definitiv etwas Muskelmasse verlieren. Sagen wir mal, du verlierst 1 kg Muskelmasse. Dein Energiespeicher reduziert sich also um 1.800 kcal. Wenn du jetzt aber so isst, dass du dein Körpergewicht während der Grippe hältst, dann heißt das, dass du 1 kg Fett angesetzt hast (also der Ausgleich für den 1-kg-Muskelmasseverlust).

Durch das Körperfett hast du deinen Energiespeicher um 7.700 kcal erhöht. In der Summe warst du also netto 5.900 kcal im Überschuss, OBWOHL dein Körpergewicht konstant geblieben ist.

Das ist ein absolut realistisches Beispiel dafür, dass ein konstantes Körpergewicht kein perfekter Indikator dafür ist, dass du auf Erhaltungskalorien warst.

Wenn du 1 kg Muskelmasse verlierst und 1 kg Körperfett aufbaust, warst du im Überschuss, obwohl dein Gewicht konstant geblieben ist.

Gleichzeitig Muskeln aufbauen und Fett verlieren

Ähnlich funktioniert es vom Prinzip her natürlich auch in die andere Richtung. Nehmen wir mal an, du beginnst mit dem Krafttraining und ziehst es 3 Monate lang durch. Dein Körpergewicht bleibt die ganze Zeit konstant.

Selbstverständlich wirst du in dieser Zeit als Anfänger Muskelmasse aufbauen. Sagen wir mal, du hast 1 kg Muskeln aufgebaut und 1 kg Fett verloren. Auch in diesem Beispiel warst du nicht auf Erhaltungskalorien.

Notwendige Energie für Muskelaufbau

Beim Muskelaufbau ist die Rechnung allerdings etwas komplizierter, denn dein Körper muss relativ viel Energie für den Muskelaufbauprozess aufwenden. Zwar beinhaltet 1 kg Muskelmasse 1.800 kcal, aber dein Körper muss nochmal ca. 4.500 kcal mehr aufwenden, um diese 1 kg Muskelmasse auch aufzubauen.

So ganz genau weiß man jedoch noch nicht, wie viele kcal genau für den Muskelaufbau aufgebracht werden müssen.

Wenn wir jetzt aber mal annehmen, dass diese Zahl ungefähr stimmt, dann sind das ca. 6.300 kcal, die er für 1 kg Muskelaufbau aufwenden muss. Wenn du jetzt 1 kg Muskeln aufbaust und 1 kg Fett verlierst, dann warst du netto ca. 1400 kcal über den gesamten Zeitraum im Defizit, OBWOHL dein Körpergewicht konstant geblieben ist.

Wenn du 1 kg Muskelmasse aufbaust und 1 kg Körperfett verlierst, warst du im Defizit, obwohl dein Gewicht konstant geblieben ist.

Das nur mal zu dieser Sache mit den Erhaltungskalorien. Nichtsdestotrotz ist ein konstantes Körpergewicht in vielen Fällen schon ein Zeichen dafür, dass du auf Erhaltungskalorien warst – nur eben nicht immer.

Erster Hauptsatz der Thermodynamik

Wie du im letzten Beispiel schon mitbekommen hast, gibt es also definitiv Fälle, in denen du gleichzeitig Muskeln aufbauen und Fett verlieren kannst. Schauen wir uns mal die dahinter liegende Theorie an.

Energie kann nicht einfach verschwinden – sie muss irgendwo hingehen.
Erster Hauptsatz der Thermodynamik

Fett- und Muskelaufbau benötigen Energie und Fett- und Muskelabbau setzen Energie frei. Für Muskelaufbau musst du also in einem Kalorienüberschuss und für Fettabbau in einem Kaloriendefizit sein.

Gleichzeitig im Kalorienüberschuss und -defizit

Nutrient Partitioning

Um gleichzeitig Muskeln aufzubauen und Fett zu verlieren, musst du also gleichzeitig im Kalorienüberschuss und im -defizit sein.

Das klingt irgendwie unrealistisch und ist auch meistens der Grund dafür, warum es viele nicht glauben wollen, dass man gleichzeitig Muskeln aufbauen und Fett verlieren kann. Allerdings handelt es sich hier definitiv nicht um ein Paradox, weil Muskel- und Fettgewebe getrennt voneinander zu betrachten sind.

Es handelt sich um 2 unterschiedliche Systeme. Dein Körper verteilt die kcal zum Muskel- und Fettgewebe unabhängig voneinander. Dieser Effekt wird im Englischen als "Nutrient Partitioning" oder "Calorie Partitioning" bezeichnet. Eine Gewebeart kann also z.B. im Kalorienüberschuss und die andere im -defizit sein.

Gleichzeitiger Muskelaufbau und Fettverlust ist möglich, da Muskel- und Fettgewebe getrennt voneinander zu betrachten sind und unabhängig voneinander im Kalorienüberschuss oder -defizit sein können.

Wenn du z.B. 100 kcal im Überschuss bist, dann müssen nicht 50 kcal ins Fett- und 50 kcal ins Muskelgewebe gehen. Es können auch 100 kcal ins Muskelgewebe und 0 kcal ins Fettgewebe gehen oder andersrum.

Oder – und jetzt wird's interessant – es können z.B. sogar 200 kcal ins Muskelgewebe gehen. 100 kcal kommen dann aus dem Überschuss durch die Nahrung und 100 kcal kommen aus dem Fettgewebe etc.

Nahrungskalorien vs. im Körper gespeicherte Kalorien

Ja, du musst einen Kalorienüberschuss haben, um Muskeln aufzubauen. Der muss aber nicht zwingend nur durch die kcal in der Nahrung kommen, sondern kann auch durch die im Körper gespeicherte Energie kommen.

Wenn du 20 kg Körperfett hast, dann hast du 154.000 kcal in diesem Körperfett gespeichert. Diesen "Überschuss" kannst du für Muskelaufbau verwenden, auch wenn du genau auf Erhalt isst (also kein weiterer Überschuss mehr durch die Nahrung reinkommt).

Das ist übrigens auch der Grund dafür, dass Menschen mit mehr Körperfett während einer Diät weniger Muskelmasse verlieren. Sie haben ja viel mehr Energie in ihrem Körper gespeichert, die genutzt werden kann.

Bei 20 kg Körperfett hast du 154.000 kcal im Körper gespeichert und bei nur 5 kg Körperfett hast du nur 38.500 kcal gespeichert. Das ist ein großer Unterschied.

Ja, du musst einen Kalorienüberschuss haben, um Muskeln aufzubauen. Der muss aber nicht zwingend nur durch die kcal in der Nahrung kommen, sondern kann auch durch die im Körper gespeicherte Energie kommen.

Nur mal eine kleine verwirrende Info nebenbei: Wenn du jetzt die im Körper gespeicherten kcal zu den kcal hinzu zählst, die du durch die Nahrung aufnimmst, dann kannst du übrigens niemals im Defizit sein – auch nicht bei der krassesten Crash-Diät. Dein kcal-Verbrauch wird ja immer gedeckt – durch die Nahrung und die im Körper gespeicherte Energie.

Aber klar... wenn wir von "Kaloriendefizit" sprechen, dann meinen wir für gewöhnlich natürlich, dass du weniger Nahrungskalorien zuführst, als du derzeit verbrauchst. Und so definieren wir jetzt Defizit/Überschuss/Erhalt auch weiterhin – also immer bezogen auf die Nahrungskalorien.

Praxis

Wissenschaftliche Evidenz

So viel zur Theorie. Was zeigt uns denn die Praxis? Ist gleichzeitiger Muskelaufbau und Fettverlust oft zu beobachten? Ja! Es gibt unzählige Studien, die das zeigen. Und bevor du fragst: Ja, es gibt sogar sehr viele Studien, die zeigen, dass es sogar bei fortgeschrittenen Liftern möglich ist.

Eine ganz neue Literature Review von Barakat et al. (2020) fasst die Ergebnisse all dieser Studien zusammen.

Diese Literature Review zeigt übrigens nicht nur, dass du auch als Fortgeschrittener gleichzeitig Muskeln aufbauen und Fett verlieren kannst, sondern, dass andere Faktoren wie z.B. kluges und hartes Training und Schlaf viel wichtiger als die Bestimmung der genauen Höhe der Kalorienzufuhr sind.

Gleichzeitiger Muskelaufbau und Fettverlust ist auch bei Fortgeschrittenen möglich!

Kluges und hartes Training

Und da sind wir bei einem ganz wichtigen Thema, das von vielen Liftern viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt: Kluges und hartes Training!

Ohne einen starken Trainingsreiz ist es ganz egal was oder wie viel du isst: Muskeln werden nur aufgebaut, wenn dein Körper auch die Notwendigkeit dazu verspürt. Und das verspürt er nur beim klugen und harten Krafttraining.

Mit der Alpha Progression App kannst du dein Training planen, tracken und auswerten und somit starke Trainingsreize setzen, um gleichzeitig Muskeln aufzubauen und Fett zu verlieren.

Placebo-Effekt

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Placebo-Effekt. Wenn du in den nächsten Monaten moderat diäten willst und für dich jetzt schon ganz klar ist, dass du in dieser Zeit sowieso keine Muskeln aufbauen kannst, ratet mal was dann passiert...

Richtig, du baust auch wirklich keine Muskeln auf, weil du dich bewusst oder unbewusst weniger beim Training anstrengst. Das ist eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Nach dem Lesen dieses Artikels weißt du aber hoffentlich, dass es für dieses Denken gar keine Rechtfertigung gibt. Du kannst gleichzeitig Muskeln aufbauen und Fett verlieren – sogar im nicht übertrieben hohen Defizit. Selbstverständlich wird das schwieriger, wenn du sehr fortgeschritten bist, aber es ist möglich.

Fazit

Solltet du jetzt gar nicht mehr gezielte Überschuss- und Defizitphasen einlegen? Nicht unbedingt. Durch solche Phasen kannst du den Fokus mehr auf eine Sache legen.

Wenn du schneller Muskeln aufbauen willst (und etwas Körperfett in Kauf nimmst), dann mach ruhig eine Muskelaufbauphase. Wenn du schneller Körperfett verlieren willst (und einen geringeren Muskelaufbau in Kauf nimmst), dann iss eine Zeit lang im Defizit.

Wenn du mit deinem KFA aber einigermaßen zufrieden bist und keine Lust auf diese gezielten Überschuss- und Defizitphasen hast, dann hab kein schlechtes Gewissen und iss ungefähr auf Erhalt. Konzentrier dich lieber auf das Wichtigste: Kluges und hartes Training! Und das über einen langen Zeitraum.

Wenn du nicht nur deine Ernährung, sondern auch dein Training optimieren willst, dann lade dir die Alpha Progression App herunter, um dein Training damit aufzuzeichnen oder dir direkt von der App einen individuellen Trainingsplan erstellen zu lassen, der für optimalen Muskelaufbau ausgelegt ist.