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Musst du Cardio machen, um gesund zu bleiben?

Musst du Cardio machen, um gesund zu bleiben?

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Wenn Euch Cardio-Training Spaß macht, Ihr schneller abnehmen wollt oder Ihr den Fokus auf die Verbesserung Eurer Ausdauerleistungsfähigkeit legen wollt, kann es Sinn ergeben, zusätzlich zum Krafttraining Cardio zu machen. Ihr könntet z.B. 2 oder 3 Mal pro Woche joggen, schwimmen oder fahrradfahren.

Was ist jedoch, wenn Ihr "nur" daran interessiert seid, gesund zu bleiben? MÜSST Ihr auch dann Cardio machen? Das ist eine wichtige Frage, denn viele Menschen sehen Cardio eher als Qual an. Entweder machen sie es dann trotzdem und ertragen diese Qual oder sie machen es nicht und haben dafür ein schlechtes Gewissen.

Ob für eine gute Gesundheit zusätzliches Cardio-Training neben dem Krafttraining nötig ist, kann man – wie fast immer – nicht pauschal beantworten. Das kommt nämlich vor allen Dingen darauf an, wie viel Ihr Euch im Alltag bewegt und wie Euer Krafttrainingsprogramm aussieht.

"Gute" Gesundheit

Bevor wir jetzt aber auf Euer Krafttrainingsprogramm und Aktivitätslevel eingehen, sollten wir erst einmal klären, was denn eine "gute Gesundheit" bedeutet! Da wir über CARDIO-Training reden, interessieren wir uns für die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems. "Cardio" kommt nämlich von "kardiovaskulär" und lässt auf das Herz-Kreislauf-System schließen.

Zum Glück müssen wir uns hier keine eigene Definition ausdenken. Weltweit angesehene medizinische Institute haben nämlich einige Indikatoren festgelegt, welche erfüllt sein müssen, um von einer "guten" Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems sprechen zu können.

Z.B. gibt die American Heart Association vor, dass der Blutzuckerspiegel im nüchternen Zustand unter 100 mg pro dL, der Blutdruck unter 120 zu 80 und das Cholesterin im Blut unter 200 mg pro dL sein sollten – um nur einige von vielen weiteren Indikatoren zu nennen.

Jetzt wissen wir zwar was eine gute Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems ausmacht, aber was muss dafür getan werden?

Hier geben die großen medizinischen Institute ungefähr gleiche Empfehlungen: pro Woche 150 Minuten moderat-intenstives Cardio-Training oder 75 Minuten hoch-intensives Cardio-Training. Dazu mindestens 2x pro Woche Krafttraining. Heißt das jetzt also wirklich, dass wir regelmäßig Cardio machen müssen? Nicht ganz…

Für den westlichen Durchschnittsbürger, der kein Krafttraining macht und sich im Alltag auch nicht viel bewegt, sind das sehr gute Empfehlungen! Er würde seiner Gesundheit definitiv durch regelmäßiges Cardio-Training einen Gefallen tun.

Das Problem bei diesen pauschalen Empfehlungen ist jedoch, dass die Höhe des Aktivitätslevels und der Krafttrainingsumfang, der über 2x in der Woche hinaus geht, nicht berücksichtigt werden. Das sind aber 2 Faktoren, die einen enormen Einfluss auf die Gesundheit Eures Herz-Kreislauf-Systems haben können.

NEAT-Level

Im Englischen wird häufig von "non-exercise activity thermogenesis" (oder kurz "NEAT") geredet, wenn es um’s Aktivitätslevel geht. Hierunter fallen die Kalorien, die Ihr bei ganz alltäglichen Dingen – wie z.B. dem Müllruntertragen oder Spazierengehen – verbrennt.

Was nicht unter diese Kategorie fällt, sind die Kalorien, die Ihr bei gezielten sportlichen Aktivitäten verbrennt – daher die Wörter "non-exercise […]".

Warum ist das NEAT-Level wichtig? Je höher Euer NEAT-Level ist, desto besser ist vermutlich auch Eure Gesundheit. Das wurde bereits in etlichen Studien gezeigt und hat zwei Gründe.

– Erstens: Wenn Ihr Euch viel bewegt, dann müssen Eure Muskeln auch mit viel Blut versorgt werden. Ihr fordert und trainiert somit Euer Herz-Kreislauf-System.

– Zweitens: Je mehr Ihr Euch bewegt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr übergewichtig werdet (oder bleibt). Das hat zur Folge, dass Ihr gesund bleibt (oder werdet). Übergewicht korreliert nämlich 1:1 mit einer schlechten Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems.

Die Unterschiede des NEAT-Levels verschiedener Personen sind übrigens gigantisch. Wenn Ihr den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt, dann beträgt Euer NEAT-Level ungefähr 300 kcal pro Tag.

Habt Ihr jedoch einen Job, bei dem Ihr körperlich sehr aktiv seid, dann kann Euer NEAT-Level bei gut 2300 kcal pro Tag liegen. Dieser große Unterschied i.H.v. 2000 kcal entspricht ungefähr 3 Dönern pro Tag, die Ihr als aktiver Mensch mehr verbrennt!

Wenn Ihr Euch im Alltag kaum bewegt, verkümmert Euer Herz-Kreislauf-System und die Gefahr ist groß, dass Ihr übergewichtig werdet (oder bleibt). Letzteres sorgt dann dafür, dass Eure Gesundheit noch einmal mehr unter dem Bewegungsmangel leidet.

Wenn Ihr aber ein hohes NEAT-Level habt, dann trainiert Ihr regelmäßig Euer Herz-Kreislauf-System und stärkt es noch einmal mehr dadurch, dass Ihr vermutlich nicht übergewichtig werdet (oder bleibt).

Unterm Strich gilt also: Je mehr Ihr Euch im Alltag bewegt, desto weniger Cardio müsst Ihr für Eure Gesundheit machen.

Krafttraining

Natürlich kommt jetzt auch noch das Krafttraining dazu. Durch das Krafttraining baut Ihr nicht nur Muskeln auf, beugt Osteoporos vor und habt auch noch ganz viele andere positive Effekte, sondern Ihr stärkt auch Euer Herz-Kreislauf-System.

Das hat z.B. auch eine Literature Review von Steel et al. (2012) gezeigt. Der positive Effekt auf das Herz-Kreislauf-System ist beim Krafttraining zwar nicht ganz so stark wie beim gezielten Cardio-Training – aber er existiert! Wie stark dieser Effekt ist, kommt darauf an, wie und wie viel Krafttraining Ihr macht.

Wenn Ihr länger und öfter Krafttraining macht, dann setzt Ihr natürlich auch einen stärkeren Trainingsreiz für Euer Herz-Kreislauf-System. Allerdings kommt es nicht nur auf den Trainingsumfang, sondern auch auf die Art des Krafttrainings an.

Oberkörperübungen für kleine Muskelgruppen (z.B. Curls für den Bizeps) mit langen Satzpausen (z.B. 5 Minuten), wenig Wiederholungen (z.B. 6 Wdh), ausgeführt weit entfernt vom Muskelversagen (z.B. 10 Reps in Reserve (RIR) bei Beendigung der Sätze), haben kaum einen positiven Effekt auf Euer Herz-Kreislauf-System.

Unterkörperübungen für große Muskelgruppen (z.B. Kniebeugen für die Oberschenkelvorderseite), mit kurzen Satzpausen (z.B. 2 Minuten), vielen Wiederholungen (z.B. 15 Wdh), ausgeführt nah am Muskelversagen (z.B. 1 RIR bei Beendigung der Sätze), haben einen stark positiven Effekt auf Euer Herz-Kreislauf-System.

Probiert’s aus! Euer Pumpe wird im 2. Beispiel auf Hochtouren laufen!

Je mehr Krafttraining Ihr pro Woche macht, desto weniger Cardio-Training müsst Ihr machen.

Wenn Ihr dann auch noch hart Euren Unterkörper mit großen Übungen, nicht zu wenig Wdh, nicht zu langen Pausen zwischen den Sätzen und nah am Muskelversagen trainiert, dann müsst Ihr nochmal weniger oder sogar gar kein Cardio zusätzlich machen.

Fazit

Wie aktiv Ihr im Alltag seid und wie Euer derzeitiges Krafttrainingsprogramm aussieht, bestimmt, ob Ihr zusätzlich zum Krafttraining Cardio machen müsst, um gesund zu bleiben.

Wenn Ihr Euch nur selten bewegt und wenig anstrengendes Krafttraining macht, dann seid Ihr gut beraten, zusätzlich Cardio zu machen.

In diesem Fall könntet Ihr – wie es die großen medizinischen Institute vorgeben – z.B. 150 Minuten moderat-intensives Cardio-Training pro Woche ausführen.

Das entspricht ungefähr 3×45 Minuten Joggen in der Woche. Bewegt Ihr Euch jedoch oft und macht viel anstrengendes Krafttraining, dann braucht Ihr nicht zusätzlich Cardio machen.

Wenn Ihr Euer Training aufzeichnen, auswerten und optimieren wollt, ladet Euch hier die Alpha Progression App herunter.